
Firmenprofil der Ermafa Eisenwerke GmbH
- © Werkfoto Ermafa Guss GmbHSchaugießen zur 100-Jahrfeier
- © Foto: Günter SchaeferFassade der Gießerei mit verunstalteter Bezeichnung Karl-Marx-Städter bzw. Chemnitzer Erste Maschinenfabrik
- © Foto: Günter SchaeferGichtgasschlote der ehemaligen Kupolofenanlage
- © G. SchaeferSt, Barbara
Ermafa Eisenwerke GmbH
Beschreibung
Am Beginn des Jahres 2014 drohte die Schließung der Ermafa Guss GmbH. Seit Juni 2014 arbeitete die Gießerei jedoch unter neuer Führung und als Ermafa Eisenwerke GmbH.
Die Belegschaft der Ermafa Eisenwerke GmbH konnte am historischen Standort 100 Jahre Gießereitradition von 1914 bis 2014 feiern. Die Umfirmierung von Ermafa Guss GmbH in Ermafa Eisenwerke GmbH weckte die Hoffnung, dass eine traditionsreiche Gießerei ihren Weg in die Zukunft meistern wird. Die Umfirmierung sollte Veränderungen in die Struktur, den Gießereiausrüstungen und im Leistungsvermögen bringen. In der wechselvolle Chemnitzer Industriegeschichte konnte sich die Gießerei am traditionellen Standort in Chemnitz-Borna im Gegensatz zu vielen anderen Eisengießereien bis 2014 behaupten.
Die Gießerei zeichnete sich durch individuelle Fertigung von Handformgussteilen in Kleinserien und Einzelstücken aus. Sie produzierte für den allgemeinen Maschinenbau, Getriebebau, für die Antriebstechnik, für den Kälteverdichterbau und für Druckmaschinenhersteller in verschiedenen Graugusswerkstoffqualitäten. Die Gussteile bewegten sich im Massebereich von ca. 1kg bis ca. 4000 kg.
Produktionskapaziztät: ca. 3500 t/a Beschäftigte: ca. 100
Die Plakette zum hundertsten Jahrestag der Gießerei auf der Burgstädter Straße in Chemnitz-Borna bildet die heilige St. Barbara ab, die sich auch die Gießer als Schutzpatronin auserwählt haben. Ursprünglich waren es die Glockengießer, die sich unter ihrem Schutz sahen. Da die Glockengießer zumeist auch Bronze zu Kanonenrohre gossen, vertraute ihr auch die Artillerie. Die Patronin hätte sicher auch nichts gegen einen erfolgreichen Geschäftsverlauf in der Ermafa Eisenwerke GmbH einzuwenden.
Die St. Barbara hält auf der Plakette ihre schützende Hand symbolisch über zwei Bergleute. Denn sie waren es, die das Erz aus dem Berg gruben. Sie bildeten die Voraussetzung dafür, dass die Eisenhüttenleute und dann die Gießer die Technologiekette bis zum Gussteil fortführen konnten.
Die Hoffnungen der Gießer erfüllten sich nicht. Die Gießerei musste im Juni 2015 Insolvenz anmelden und den Betrieb vollständig einstellen. Bis zum Dezember 2015 wurde die Gießereihalle komplett beräumt.
Das Klinkergebäude und ausgewählte Anlagentechnik, wie z.B. ein Kupolofen von 1913/14, haben den Status eines technischen Denkmals.
G Schaefer
Entwicklung der Ermafa Eisenwerke GmbH aus den Ursprungsgießereien von 1832 bis 2014
Gießereien/Firmen | Umfirmierungen/Anschlüsse | Ausgliederungen/Schließungen | |
1811 bis 1828 | Carl Gottlieb Haubold (1783 – 1856) führte eine Maschinenbauwerkstatt in der Großen Brüderstraße. | ||
1822 | Carl Gottlieb Haubold erwarb Fabrikationsräume in der Wöhlerschen Spinnerei, heute das Gelände des Schönherr-Areals. Zu einer Zeit als Holz im Maschinenbau dominierte, verwendete Haubold bereits 4000 Zentner Eisen im Jahr 1828. | ||
1830 | Carl Gottfried Haubold(1792 – 1862), Vetter von C. Gottlieb Haubold, wurde Werkmeister in der Maschinenbauwerkstatt seines Vetters. | ||
1832 | Einrichtung einer Tiegelgießerei durch C. Gottlieb Haubold; Tiegelöfen waren erste Schmelzaggregate für Gusseisen in Chemnitz | ||
1836 |
| Verkauf des Haubold`schen Etablissements an die neu gegründete Sächsische-Maschinenbau-Compagnie | |
1836 bis 1838 | Carl Gottlieb Haubold übernahm die technische Leitung in der Sächsischen-Maschinenbau-Compagnie einschließlich der Gießerei. | Die Sächsische- Maschinenbau-Compagnie wurde 1852 liquidiert. | |
1837 | Gründung des Maschinenbaubetriebes C. G. Haubold jr. durch C. Gottfried Haubold im Areal der heutigen Ermafa-Passage. | ||
1862 bis 1877 |
| Wechsel der Geschäftsleitungen innerhalb der Unternehmerfamilie Haubold | |
1882 |
| Gießerei Müller & Neuhaus wurde erworben. | |
1887 | Der Maschinenbaubetrieb C. G. Haubold jr. ersetzte eine gekaufte Gießerei durch eine moderne Gießerei im eigenen Gelände an der Reichsstraße | ||
1893 | Geschäftsführer der Firma wird Commerzienrat Carl Hermann Haubold. (1845 – 1905) Er entwickelte sie zu einem Großbetrieb des Chemnitzer Maschinenbaus | ||
1905 | C. G. Haubold jr. GmbH | Geschäftsführer wurde erstmalig kein Mitglied der Hauboldfamilie, sondern der Prokurist Hugo Uhlig.Umwandlung der Fa. C. G. Haubold jr. in eine GmbH. | |
1914 | C. G. Haubold jr. GmbH | Die Geschäftsführung übernahm wieder ein Mitglied der Hauboldfamilie; Dr.-Ing. E. h. Carl Hermann Haubold (1882 - 1937). | |
1913 bis 1914 | Neubau einer Gießerei mit zwei Kaltwindkupolöfen im Chemnitzer Stadtteil Borna | ||
1917 | C. G. Haubold jr. GmbH | Umwandlung der GmbH in eine AG | |
1917 | C. G. Haubold AG | Geschäftsführer der AG wurde Dr.-Ing. E. h. Carl Hermann Haubold. | |
1937 | C. G. Haubold AG 100 Jahre Maschinenbaubetrieb, einst von Carl Gottfried Haubold gegründet | ||
1946 | C. G. Haubold AG | Enteignung und Umwandlung der AG in Erste Chemnitzer Maschinenfabrik VEB Sie war zugehörig der Vereinigung volkseigener Betriebe des Maschinenbaus für Nahrungs- und Genussmittel, für Kältemaschinen und Maschinen der chemischen Industrie. (VVB Nagema). | |
1946 | Erste Chemnitzer Maschinenfabrik VEB Nach dem Krieg und Bildung des VEB konnte am 17. Juli 1946 wieder Gusseisen am Kupolofen abgestochen werden. | ||
1948 |
| Nach Umbenennung der Stadt Chemnitz 1953 änderte sich die Firmenbezeichnung in VEB Erste Maschinenfabrik Karl-Marx-Stadt (ERMAFA). | |
1953 bis 1990 | VEB Erste Maschinenfabrik Karl-Marx-Stadt (ERMAFA) | Die Erste Maschinenfabrik wurde Stammbetrieb im VEB Plast- und Elastverarbeitungs-maschinen-Kombinat Karl-Marx-Stadt (PEM). 1978 wurde sie dem VEB Kombinat Textima Karl-Marx-Stadt zugeordnet. 1987 erfolgte Eine weitere Neuordnung führte die Erste maschinenfabrik 1987 in den VEB Chemieanlagenbau-kombinat Leipzig-Grimma1965 stellte die ERMAFA den Hauptanteil der Arbeitskräfte für die neugegründete VVB Plast- und Elastverarbeitungs-maschinenbau.Es folgten weitere Strukturänderungen. | |
1990 | Erste Chemnitzer Maschinenfabrik GmbH | Nach der politischen und wirtschaftlichen Wende wurde der VEB in die Erste Chemnitzer Maschinenfabrik GmbH umgewandelt. | |
1992 | Die GmbH wurde in das Zweigwerk in Chemnitz-Borna verlagert. | Das Stammwerk an der Ecke Limbacher Str/Reichstraße wurde aufgegeben und zur ERMAFA-Passage (Einkaufs-zentrum) umgestaltet. | |
1993 | ERMAFA Kunststofftechnik Chemnitz GmbH & Co | Die neue Gesellschaft strukturierte sich in verschiedene Profitcenter. Das dominierende Profitcenter war der „Maschinenbau“. Auf Initiative des Unternehmers H. Hörmann wurde es privatisiert. Dadurch entstand das Unternehmen ERMAFA Kunststofftechnik Chemnitz GmbH & Co. innerhalb der Hörmann-Gruppe. | |
1994 |
| Die Gießerei wurde am 1.5.1994 aus der ERMAFA Kunststofftechnik ausgegliedert und firmierte seitdem als ERMAFA Guss GmbH. | |
1994 | Die neuen GmbH produzierte Gussteile im wesentlichen in der Handformerei für Einzelstücke und Kleinserien. ERMAFA Guss GmbH Die unzähligen Strukturwandlungen in der Vergangenheit wirkten sich wenig fördernd auf die Entwicklung der Gießerei aus. Im Bestand der gießerei-technologischen Ausrüstung blieben deshalb Formmaschinen aus der Mitte den 60er Jahre des 20.Jh. und ein Kupolofen von 1913/14 er-halten. Eine Besonderheit für Deutschland stellt der Drehtrommelofen mit Ölfeuerung als Schmelzaggregat dar. | ||
2014 | Die ERMAFA Eisenwerke GmbH baut auf vorhandenem Pro-duktionsprofil auf und beginnt mit der Modernisierung. | Seit 2014 firmierte die Gießerei am Standort als ERMAFA Eisenwerke GmbH . | |
2014 | Die ERMAFA Eisenwerke GmbHfeierte 100 Jahre Gießerei in Chemnitz-Borna. Die Schutzpatronin der Gießer St. Barbara ziert die Plakette „100 Jahre Gießerei“. | ||
2015 |
| Die Gießerei musste im Juni 2015 Insolvenz anmelden und den Betrieb vollständig einstellen. Bis zum Dezember 2015 wurde die Gießereihalle komplett beräumt. |
Quellen:
E. Canzler, W. Hähnel: „Die Unternehmerfamilie Haubold“, Reihe Chemnitzer Lebensbilder, Verlag Heimatland Sachsen GmbH Chemnitz 2005
Autor: Bernd Siegel